
Trainingshandbuch: Stärkung der Integratorpersönlichkeit (IP)
Dauer: 12 Wochen / 3 Monate
Allgemeine Prinzipien
- Regelmäßigkeit schlägt Intensität – kleine tägliche Einheiten (5–15 Min) sind wirksamer als seltene lange.
- Integration statt Erleuchtung – die IP wird gestärkt durch Kontinuität, nicht durch „Peak-Erfahrungen“ allein.
- Resonanzräume schaffen – Austausch mit Therapeut:in, Gruppe oder Journal.
Phase 1 – Grundlagen & Stabilisierung (Woche 1–4)
Ziel: IP sichtbar machen, Sicherheit, Körperrhythmus trainieren.
Tägliche Selbstübungen
- Morgenjournal (10 Min): Notiere, welche Stimmen/Anteile heute spürbar sind. Schreibe sie in der Ich-Form. Z. B. „Ich will mich verstecken“, „Ich will kämpfen“.
- HRV-Atem (2× 5 Min): 6 Atemzüge pro Minute. Optional mit HRV-App.
- Gefühlsrad (1× täglich): Drei Ebenen benennen (z. B. „wütend → enttäuscht → traurig“).
Begleitete Einheit (wöchentlich, 60–90 Min)
- IFS-Inspiration: Therapeut:in lädt die IP als Beobachterin ein, erste Dialoge mit Anteilen zu führen.
- Psychoedukation: Erklärung DMN ↔ IP, Illusion des Selbst, Oszillation.
- Körperarbeit (Basis): Bodyscan, sanfte Somatic Experiencing-Übungen.
Reflexionsfrage
- „Wie nehme ich meine IP wahr – als Person, als Beobachter, als Gefühl?“
Phase 2 – Integration & Flexibilisierung (Woche 5–8)
Ziel: Ambivalenzen halten, alte Szenen aktualisieren, neue Montagen üben.
Tägliche Selbstübungen
- Dialogisches Schreiben (15 Min): Schreibe ein Streitgespräch zwischen zwei Anteilen, lass die IP vermitteln.
- Körperfokus (5 Min): In eine Körperregion spüren, die Spannung hält. Mit Atem begleiten.
- Innere Bühne (1×/Woche): Stelle dir vor, deine Anteile sitzen in einem Raum. IP tritt als Moderatorin auf.
Begleitete Einheit (wöchentlich)
- Yager-Inspiration: Update von „alten Teilen“ (z. B. inneres Kind, das noch glaubt „ich bin hilflos“).
- Traumabezogene Arbeit: Szenen vorsichtig anschauen, immer mit Ressourcierung.
- Körperarbeit intensiviert: Rhythmusübungen, Schütteln, Tanz, Vokalisation.
Reflexionsfrage
- „Welche Ambivalenzen habe ich diese Woche gespürt? Konnte die IP sie halten?“
Phase 3 – Kohärenz & Erweiterung (Woche 9–12)
Ziel: IP als flexible, kreative Regisseurin festigen, neue Narrative erproben.
Tägliche Selbstübungen
- Lebensgeschichte neu schreiben: Einmal wöchentlich 1–2 Seiten über dein Leben – aus Sicht der IP. (später auch aus Sicht eines Anteils, dann Vergleich).
- Oszillationsmeditation (10 Min): Abwechselnd 2 Min nach innen (Gefühle, Gedanken) / 2 Min nach außen (Geräusche, Umgebung).
- Authentizitäts-Check: Jeden Tag eine kleine Entscheidung bewusst „kohärent“ treffen (statt fremdbestimmt).
Begleitete Einheit (wöchentlich)
- Integrationserfahrungen: Atemarbeit, Trance, Aufstellungen, evtl. Gruppe.
- Abschlussarbeit: Therapeutische Reflexion – Welche IP-Kompetenzen sind gewachsen?
- Soziale Resonanz: Gruppe oder Partnergespräch über neue Narrative.
Reflexionsfrage
- „Wie fühlt sich mein Lebensfilm heute an – stringenter, bunter, flexibler?“
Optionale Bausteine: Ketamin-gestützte Einheiten
(nur unter ärztlich-therapeutischer Begleitung, rechtlich erlaubt in Deutschland)
- Timing: 1 Sitzung pro Phase (also max. 3 Sitzungen in 3 Monaten).
- Dosis: Sub-anästhetisch (z. B. 0,5 mg/kg i.v. über 40 Min oder nasal nach Indikation).
- Setting: Therapeut:in oder Team, ruhiger Raum, Musik.
- Ziel in Phase 1: Unter Ketamin IP erstmals als Beobachterin spüren – entkoppelt von starren DMN-Schleifen.
- Ziel in Phase 2: Szenen aus Entwicklungstrauma berühren, IP in der Lage halten, sie neu zu montieren.
- Ziel in Phase 3: Neu geformte Narrative verankern, Integration ins Selbstmodell.
Nachbereitung (Integration):
- Direkt nach der Sitzung 20–30 Min Journaling (Was hat die IP gesehen, gelernt?).
- In den Folgetagen tägliche kurze Rückschau: „Welche Szene möchte die IP neu montieren?“
Abschließende Übung nach 3 Monaten
- Manifest der IP: Schreibe 2–3 Seiten aus Sicht deiner IP.
- Welche Anteile habe ich kennengelernt?
- Welche Narrative habe ich neu montiert?
- Wie will ich den Film weiter gestalten?
Fazit
Das Programm ist progressiv (Stabilisierung → Integration → Erweiterung), multimodal (Körper, Psyche, Beziehung, evtl. Substanz), und resonanzorientiert. Die IP wird so nicht nur beobachtet, sondern trainiert – wie ein Muskel, der Ambivalenz halten, Narrative flexibel gestalten und Kohärenz herstellen kann.
