
Erfahrungsbericht: Meine Reise mit Ketamin-assistierter Psychotherapie
Sandra (46): Als ich zum ersten Mal von Ketamin-assistierter Psychotherapie (KAP) hörte, war ich skeptisch, aber auch verzweifelt. Ich litt seit Jahren an einer therapieresistenten Depression, die mein Leben in einen grauen Schleier gehüllt hatte. Traditionelle Antidepressiva hatten nur begrenzte Wirkung gezeigt, und die Gesprächstherapie half zwar beim Verständnis meiner Probleme, aber nicht immer beim Durchbrechen der tiefsitzenden Muster. Mein Therapeut schlug KAP vor, als eine innovative Option, die vielversprechende Ergebnisse bei Fällen wie meinem zeigte.
Die Vorbereitung: Eine neue Herangehensweise
Der Prozess begann mit einer umfassenden medizinischen und psychologischen Abklärung. Es war wichtig zu verstehen, dass KAP kein „Zaubermittel“ ist, sondern eine Ergänzung zur Psychotherapie. Die Ketamin-Sitzungen sollten einen „Raum“ öffnen, in dem die therapeutische Arbeit vertieft werden konnte. Ich wurde ausführlich über die Wirkung von Ketamin aufgeklärt – die kurzfristigen dissoziativen Effekte, die veränderte Wahrnehmung und das potenzielle Gefühl der Trennung vom Körper. Das klang zunächst beängstigend, aber die Beruhigung, dass ich während der gesamten Sitzung von geschultem Personal begleitet werden würde, half mir.
Die Ketamin-Sitzungen: Eine Reise ins Innere
Meine ersten Ketamin-Sitzungen fanden in einer ruhigen, angenehm gestalteten Umgebung statt. Ich erhielt das Ketamin über eine Infusion. Der Beginn der Wirkung war jedes Mal anders, aber meistens stellte sich ein Gefühl der Loslösung ein. Es war, als würde ich mein Bewusstsein verlassen und in eine andere Dimension eintreten. Manchmal sah ich kaleidoskopartige Muster, manchmal fühlte ich mich schwebend oder als würde ich durch den Kosmos reisen. Es gab Momente der Klarheit, in denen alte Erinnerungen oder neue Perspektiven plötzlich und unerwartet auftauchten.
Was diese Erfahrungen so einzigartig machte, war die oft fehlende emotionale Belastung, die normalerweise mit traumatischen Erinnerungen verbunden ist. Es war, als könnte ich diese Dinge von einer sicheren Distanz aus betrachten, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Diese „dissoziative Distanz“ war erstaunlich hilfreich. Anstatt in Schmerz zu versinken, konnte ich beobachten und neue Zusammenhänge erkennen.
Es gab auch schwierigere Momente, in denen sich Gefühle der Angst oder Verwirrung einstellten. Doch die Anwesenheit der Therapeuten, die mich sanft durch diese Erfahrungen leiteten und mir versicherten, dass alles in Ordnung war, half mir, sie zu durchleben. Musik spielte während der Sitzungen oft eine wichtige Rolle; sie konnte die Erfahrung lenken und beruhigend wirken.
Die Integration: Die eigentliche Arbeit beginnt
Der vielleicht wichtigste Teil der KAP ist die Integrationsphase. Direkt nach der Ketamin-Sitzung, wenn die akuten Wirkungen nachließen, aber das „Fenster“ der Offenheit noch weit war, begann die eigentliche therapeutische Arbeit. Mit meinem Therapeuten besprach ich die Erfahrungen, die ich während der Ketamin-Sitzung gemacht hatte. Was hatte ich gesehen, gefühlt, gedacht? Welche neuen Erkenntnisse hatte ich gewonnen? Diese Gespräche waren unglaublich tiefgründig und produktiv. Plötzlich schien es, als ob ich Zugang zu Aspekten meines Unterbewusstseins hatte, die mir zuvor verschlossen waren.
Ich erkannte Muster in meinen Gedanken und Verhaltensweisen, die ich zuvor nicht sehen konnte. Alte Wunden, die ich jahrelang vergraben hatte, kamen an die Oberfläche, aber diesmal konnte ich sie mit einer neuen Perspektive betrachten und heilen. Es war, als würde das Ketamin die „Blockaden“ lösen und meinem Therapeuten und mir erlauben, tiefer zu graben und nachhaltigere Veränderungen herbeizuführen.
Die Auswirkungen: Ein neues Kapitel
Die Wirkung der KAP war für mich transformativ. Nicht nur meine Depression verbesserte sich deutlich, sondern ich gewann auch ein tieferes Verständnis für mich selbst. Ich fühle mich nicht mehr so gefangen in meinen negativen Denkmustern. Die Welt erscheint wieder farbiger, und ich habe eine neue Hoffnung und Energie, mein Leben aktiv zu gestalten.
Natürlich ist KAP kein Allheilmittel. Es erfordert Engagement, Offenheit und die Bereitschaft, sich der eigenen inneren Welt zu stellen. Die Integration der Erfahrungen im Alltag ist ein fortlaufender Prozess. Aber für mich war es ein Game Changer. Es hat mir geholfen, eine Tür zu öffnen, die ich selbst nicht aufbrechen konnte, und hat mir den Weg zu einer tiefgreifenderen Heilung geebnet. Ich bin dankbar für diese innovative Therapieform und die Möglichkeit, wieder ein erfüllteres Leben zu führen.
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