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Patienteninformation: Ganzheitliche Behandlung des Lipödems

Patienteninformation: Ganzheitliche Behandlung des Lipödems

Liebe Patientin,

Sie wurden mit Lipödem diagnostiziert. Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Was genau bedeutet ganzheitliche Behandlung, und wie unterscheidet sie sich von herkömmlichen Therapien? In dieser Information möchten wir Ihnen das Konzept anhand eines konkreten Beispiels erklären und die Vorzüge für Sie herausstellen.

1. Was ist eine konventionelle Lipödem-Behandlung?

Bei der konventionellen Therapie stehen meist folgende Bausteine im Mittelpunkt:

  1. Liposuktion (Fettabsaugung): Operative Entfernung des überschüssigen Fettgewebes.
  2. Kompressionstherapie: Tragen von Kompressionsstrümpfen/-hosen, um Schwellungen zu reduzieren.
  3. Manuelle Lymphdrainage (MLD): Spezielle Massagetechnik, um Flüssigkeit aus dem Gewebe abzuleiten.
  4. Entwässernde Medikamente (weniger häufig): Mittel, die den Wasserhaushalt im Gewebe beeinflussen.

Diese Maßnahmen zielen vor allem darauf ab, die vorhandenen Symptome (Schmerz, Schwellung, Druckgefühl) zu lindern. Die Ursache des Lipödems selbst – mögliche körperliche und psychische Dysbalancen – bleibt im Hintergrund. Die Liposuktion ist weiterhin als Standardtherapie gegen die ungewünschten Fettansammlung und deren Begleiterscheinungen unerlässlich. Sie kann neben der kosmetischen Verbesserung unter anderem Schmerzen lindern und Beweglichkeit verbessern – sie behandelt also wirksam die Auswirkungen und Nebenerscheinungen, nicht aber die Primärursachen

Grenzen der konventionellen Therapie:

  • Rückbildung des Fettgewebes verhindert nicht zwangsläufig Neubildung oder Ausbreitung.
  • Kompression und MLD mindern zwar Schwellung, beseitigen aber nicht die tieferliegenden Regulationsstörungen.
  • Psychische Belastungen wie Scham, Selbstzweifel oder traumatische Stressmuster werden nicht gezielt adressiert.

2. Das Konzept der ganzheitlichen Behandlung

Bei einer ganzheitlichen (integrativen) Behandlung betrachten wir den Körper, die Psyche und das soziale Umfeld als untrennbare Einheit. Lipödem wird nicht nur als lokales Fettproblem gesehen, sondern als Spiegel eines gestörten Regulationssystems, in dem körperliche, seelische und biochemische Ebenen zusammenwirken.

2.1 Wichtige Säulen der ganzheitlichen Therapie

  1. Psychosomatische Diagnostik & Beratung
    • Früherkennung von Stress- oder Trauma-Folgestörungen.
    • Aufklärung über Zusammenhänge zwischen Nervensystem, Hormonen und Fettstoffwechsel.
    • Aufzeigen möglicher individueller Auslöser und Belastungsfaktoren (zum Beispiel belastende Lebenssituationen, alte Verletzungen oder Traumata).
  2. Kältetherapie (Kryotherapie)
    • Kurzfristige Ganzkörper-Behandlungen in einer Kältekammer (-110 °C, 2–3 Minuten).
    • Reduktion von Entzündungen und Schmerzwahrnehmung.
    • Aktivierung des Vagus-Nervs und Förderung innerer Balance.
  3. Ketamin-unterstützte Psychotherapie
    • Gezielter Einsatz von Ketamin in niedrig dosierten, subanästhetischen Mengen unter psychotherapeutischer Begleitung.
    • Förderung neuroplastischer Prozesse im Gehirn, um emotionale Blockaden aufzulösen.
    • Sicherer Zugang zu abgespaltenen Gefühlen (z. B. Scham, Angst), ohne erneute Überwältigung.
  4. Traumasensible Körperarbeit
    • Somatic Experiencing, Faszien- und Lymphdrainage kombiniert mit achtsamer Atem- und Bewegungsarbeit.
    • Fördert die Regulierung des autonomen Nervensystems und löst tiefsitzende Spannungen im Gewebe.
  5. Ernährungsberatung & Bewegungskonzepte
    • Anti-entzündliche, nährstoffreiche Kost ohne strikte Diätvorgaben.
    • Bewegungsprogramme mit Fokus auf Schonung und zugleich Aktivierung des Lymphsystems (z. B. Wassergymnastik, sanftes Yoga, Walking).
  6. Psychoedukation & Selbstwirksamkeit
    • Schulung in Stressregulation (Achtsamkeit, Entspannungsverfahren).
    • Workshops zur Stärkung des Selbstwerts, Förderung eines positiven Körperbildes und Abbau von Scham.

3. Beispiel einer Patientin: Frau Müller (45 Jahre)

3.1 Ausgangssituation

  • Diagnose: Lipödem Stadium II an beiden Beinen.
  • Symptome: Schmerzen, Schwellungen, Druckempfindlichkeit, eingeschränkte Beweglichkeit.
  • Psychisch: Langjähriges Gefühl von Scham und Versagen, nachdem Diäten und Sport kaum Wirkung zeigten. Auch familiäre Belastungen und Burnout-Tendenzen in der Vergangenheit.

3.2 Konventioneller Behandlungsansatz für Frau Müller

  1. Liposuktion: Entfernung von Fettgewebe an den Oberschenkeln.
  2. Kompressionsstrumpfhose: Tägliches Tragen zur Reduktion von Schwellungen.
  3. Lymphdrainage: Zwei- bis dreimal pro Woche.

➡ Die Liposuktion lindert akute Beschwerden, doch schon nach einigen Monaten spürt Frau Müller erneut Druck in den Beinen. Psychisch bleibt ein Gefühl der Enttäuschung, da die Operation nicht alle Probleme lösen konnte.

3.3 Ganzheitlicher Behandlungsansatz für Frau Müller

  1. Erstgespräch & psychosomatische Abklärung
    • Anamnese von Lebens- und Traumageschichte (Kindheit, familiäre Belastungen).
    • Aufklärung über das Zusammenspiel von Nervensystem, Hormonen und Entzündungen.
    • Gemeinsame Zieldefinition: Verbesserung des Wohlbefindens, Reduktion von Schmerzen, Stärkung der Selbstregulation.
  2. Kältetherapie
    • Zweiwöchige Einführung: 3 Sitzungen pro Woche à 2 Minuten in der Kryokammer.
    • Effekte: Frau Müller berichtet bereits nach der dritten Sitzung von einer spürbaren Schmerzlinderung und einem Leichtheitsgefühl in den Beinen. Ihre Stimmung hebt sich, und sie schläft besser.
  3. Ketamin-unterstützte Psychotherapie
    • Beginn nach Stabilisierung durch Kälteanwendungen (etwa Woche 2).
    • 4 sesshafter Einsatz: Leichte Ketamin-Dosis unter therapeutischer Begleitung, kombiniert mit Somatic Experiencing.
    • Wirkung: Frau Müller gelingt es, belastende Erinnerungen aus ihrer Jugend (familiärer Druck, Mobbing) zu bearbeiten, die sie als Erwachsene unter chronischem Stress hielten. Sie beschreibt, dass sie „endlich“ einen Zugang zu ihren Gefühlen findet und alte Selbstkritik loslassen kann.
  4. Traumasensible Körperarbeit
    • Parallel zur Psychotherapie: wöchentliche Sitzungen Somatic Experiencing und Faszienmassage.
    • Ziel: Nervensystem beruhigen, Spannungen im Gewebe lösen.
    • Ergebnis: Die Beine fühlen sich allmählich weicher an, und alte Verkrampfungen lassen nach.
  5. Ernährungs- und Bewegungsbegleitung
    • Ernährungsberatung: Anti-entzündliche Kost mit Fokus auf Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffe, Gemüse und magerem Protein. Keine radikalen Diätvorgaben, sondern Achtsamkeit beim Essen.
    • Bewegungsprogramm: Zwei Mal pro Woche Wassergymnastik und tägliches barfußes Gehen auf unebenem Boden zur Förderung des Lymphflusses.
  6. Psychoedukation & Selbsthilfestrategien
    • In Workshops lernt Frau Müller Entspannungstechniken (z. B. Atemübungen, Achtsamkeitsmeditation).
    • Austausch in einer Patient:innengruppe mit Fokus auf positives Körperbild, Abbau von Scham und Förderung der Selbstakzeptanz.

3.4 Ergebnis nach 6 Monaten (ganzheitlicher Ansatz)

  • Körperlich: Deutliche Reduktion von Schwellungen und Schmerzen (20–30 % weniger Schmerztage). Verbesserte Beweglichkeit, geringere Abhängigkeit von Kompressionsstrümpfen.
  • Psychisch: Gefühl von Selbstwirksamkeit, abnehmende Scham, verbesserte Schlafqualität und Stimmungslage.
  • Langfristig: Geringere Wahrscheinlichkeit für erneutes Fortschreiten. Stärkere Resilienz gegen Stress und Alltagsbelastungen.

4. Die Vorteile der ganzheitlichen Therapie im Überblick

AspektKonventionelle BehandlungGanzheitliche Behandlung
Ursachenorientierung Fokus auf Symptomlinderung (Fettabsaugung, Kompression, Drainage) Fokussiert auf Regulation von Körper und Psyche: Behandlung von Stress- und Trauma-Folgen, Nervensystemregulation, Hormon- und Entzündungssteuerung
Schmerz- und Entzündungsreduktion Operativ: schnelles Ergebnis durch Liposuktion Kontinuierliche Schmerzlinderung durch Kryotherapie, entzündungshemmende Ernährung, Bewegung, Körperarbeit
Psychische Begleitung Selten Teil des Konzeptes (meist nur kurzstationäre Aufklärung) Integrierte Psychotherapie (ketamingestützt, traumaorientiert), Psychoedukation, Gruppentherapie, Achtsamkeitsübung
Aktive Selbstbehandlung Patient:innen sind oft zu passiv (Operation abwarten, Kompression tragen) Patient:innen werden zu Expert:innen für ihren eigenen Körper: Achtsames Essen, Bewegungsprogramme, Eigenübungen zur Stressregulation
Langfristige Prognose Rezidive und Weiterentwicklung möglich, da kein fester Fokus auf Systemdysregulation Nachhaltige Stabilisierung durch Systemregulation: Reduzierte Rückfallquote, gesteigerte Lebensqualität, stärkere psychische Resilienz
Lebensstiländerung Oft nur kurzfristige Empfehlungen (z. B. Sport, Ernährung) ohne tiefere Begleitung Langfristiges Coaching in Lebensstilmodifikation, Unterstützung durch interdisziplinäres Team (Ärzt:innen, Therapeut:innen, Ernährungsberater:innen, Physiotherapeut:innen)
Ziel Symptomfreiheit, Reduktion des Fettvolumens Selbstregulation, Körperakzeptanz, nachhaltige Lebensfreude und Wohlbefinden

5. Häufige Fragen und Antworten

F: Ist der ganzheitliche Ansatz nicht deutlich aufwendiger und teurer?

  • A: Es stimmt, dass mehrere Disziplinen beteiligt sind. Langfristig kann sich jedoch der ganzheitliche Ansatz als kosteneffizient erweisen, weil Rückfälle seltener sind und die Lebensqualität deutlich steigt. Viele gesetzliche Krankenkassen übernehmen mittlerweile Leistungen wie Kryotherapie und somatische Psychotherapie in speziellen Fällen.

F: Bin ich für ketaminunterstützte Therapie geeignet?

  • A: Vor der Anwendung wird eine gründliche psychische und körperliche Untersuchung durchgeführt. Nicht jede Patientin ist sofort geeignet; wir achten auf Faktoren wie Suizidalität, Psychose-Anamnese oder stark instabile Persönlichkeitsstrukturen. Wenn Kontraindikationen ausgeschlossen sind, kann Ketamin in sicherer therapeutischer Begleitung wertvolle Impulse geben.

F: Wie lange dauert die Behandlung insgesamt?

  • A: In der Regel empfehlen wir eine Phase-1-Periode von etwa 3 Monaten, in der Kälte, Ernährung, Körperarbeit und erste Psychotherapiebausteine eingeführt werden. In Phase 2 (weitere 3–6 Monate) folgen tiefergehende ketaminunterstützte Psychositzungen und intensivere Körpertherapie. Eine anschließende Nachsorgephase mit verringerter Frequenz (6–12 Monate) sichert den Therapieerfolg.

F: Was, wenn ich mich für eine Operation entscheiden möchte?

  • A: Die operative Entfernung von Fettgewebe (Liposuktion) kann auch im integrativen Konzept verankert werden. Wichtig ist, dass sie nicht isoliert erfolgt, sondern nach einer Phase der Vorbehandlung (Kälte, Körperarbeit, Psycho-Rezession) und in Balance mit psychischen Heilungsprozessen.

6. Zusammenfassung und Ausblick

  1. Lipidverteilungsstörung ist mehr als Fett: Lipödem spiegelt oft tiefe körperlich-psychische Dysregulationen wider.
  2. Ganzheitliche Therapie bietet nachhaltige Schmerzlinderung, psychische Entlastung und eine höhere Lebensqualität.
  3. Beispiel Frau Müller zeigt, wie die Kombination aus Kälteanwendung, ketaminunterstützter Psychotherapie, traumasensibler Körperarbeit und Lebensstiländerung zu deutlicher Verbesserung führt.
  4. Zukunftsperspektive: Integrative Konzepte werden zunehmend als Standard angesehen, da sie Ursachen ansprechen und Rückfälle verringern.

Wir laden Sie ein, sich über dieses integrative Konzept ausführlich zu informieren und gemeinsam mit unserem Team einen individuellen Behandlungsplan zu entwickeln. Ihre Gesundheit ist unsere gemeinsame Verantwortung.

Kontakt

 

Bitte bringen Sie zu Ihrem ersten Termin vorhandene Befunde und eine kurze medizinische Zusammenfassung mit.


Author

Achim Schwenkel

Praxisgründer, Psychedelic Coach, Publizist